Die großen Arkana
Die großen Arkana bestehen aus 22 Karten, deren Sinnbilder sich von den Bildern der Spielkarten völlig unterscheiden. Während diese Karten im ältesten bekannten Deck, dem Visconti-Tarot, unnummeriert sind, sind 21 dieser Karten seit den Vorläufern des Marseille-Tarot aus dem 16. Jahrhundert nummeriert. Die Karte des Narren trägt traditionell entweder keine Zahl, oder sie wird mit der Null, in seltenen Fällen mit der Zahl 22 gekennzeichnet.
In einigen wenigen Decks wird die Karte des Narren auch zwischen oder nach den anderen Karten des großen Arkanums eingeordnet, und dann auch entsprechend nummeriert, oder er wird in der Tradition von Papus, Eliphas Levi und A. E. Waite als Null zwischen den Karten XX und XXI eingeordnet.
Diese 22 Karten wurden im vorletzten Jahrhundert von Oswald Wirth in ihrer umfassenden Bedeutung als Einweihungsstufen offengelegt und später von Elisabeth Haich in ihrem Tarotbuch[28] in ihrer Bedeutung als die 22 universellen Stufen des Bewusstseins genauer beschrieben. In diesen Bereich gehören die Decks nach Oswald Wirth, der Waite-Tarot (Arthur Edward Waite) und vor allem der Marseille-Tarot. Jedem Tarotblatt wird hier ein Buchstabe des hebräischen Alphabets zugeordnet....
„Die Reise des Helden“
Eine erst in den letzten Jahrzehnten aufgekommene, mittlerweile jedoch weit verbreitete Interpretation der großen Arkana bringt diese mit der archetypischen Heldenreise in Verbindung. Wie jede Interpretation des Tarots ist auch diese nicht verbindlich; und für einige unkonventionellere Decks wäre sie auch nicht anwendbar. Da aber selbst Kritiker, die ihren Wert als Interpretation bestreiten, ihr zugestehen, dass sie eine gute Möglichkeit ist, sich die Reihenfolge und die grundlegende Bedeutung der Karten zu merken, ist eine Variante hier kurzgefasst aufgeführt:
Die Reise tritt der Narr an, der wie ein kleines Kind offen für alle und alles ist, aber sich auch um Gefahren noch keine Gedanken macht. Magier und Hohepriesterin verkörpern das handelnde, nach außen gerichtete und das kontemplative, nach innen gerichtete Prinzip; die beiden Ur-Richtungen menschlichen Lebens. Mutter und Vater werden verkörpert von Herrscherin und Herrscher, wobei die Herrscherin das Prinzip der uneingeschränkten Fülle und des Lebens vertritt, und der Herrscher das ordnende und schützende Prinzip.
Der Papst oder Hierophant verkörpert das tradierte Wissen oder Buchwissen, auch, aber nicht nur, in spirituellen Dingen. Diese Karten stellen die Kindheit des Helden dar. Das Ende der Kindheit bedeutet auch den Wunsch nach Partnerschaft und Liebe (die Liebenden) und der Wunsch, die Heimat zu verlassen und neues zu erfahren (der Wagen).
Die Erfahrungen, die dabei gemacht werden, bringen ein Empfinden für Gerechtigkeit und deren Notwendigkeit hervor, oder, folgt man Waites Reihenfolge, die Kraft für weitere Taten. Der Einsiedler steht dem Reisenden mit Rat zur Verfügung, und ist gleichzeitig Hinweis auf die Möglichkeit, Erkenntnis nicht (nur) durch Handeln, sondern (auch) durch Kontemplation zu gewinnen.
Der Nutzen dieser Möglichkeit erschließt sich dem Reisenden, wenn er durch die Drehung des Schicksalsrads die Möglichkeit zum aktiven Handeln verliert und/oder ihm ein bestimmtes Ziel gesetzt wird. Durch diese Wendung des Schicksals erhält der Reisende die Kraft, oder, nach Waite, die Einsicht in die Notwendigkeit der Gerechtigkeit, um als der kopfüber Gehängte die Reise in die Dunkelheit einer Unterwelt (und/oder sein eigenes Inneres) anzutreten. Der Tod steht für den Übergang von der äußeren Welt in die Innen- oder Unterwelt. Erste Erkenntnis ist dann die Notwendigkeit der Mäßigung, des Ausgleichs und Austauschs zwischen widerstrebenden Kräften.
Der Teufel steht für Illusionen, die den Reisenden zunächst blenden und gefangenhalten; oft die scheinbare Erfüllung einer Sehnsucht. Diese Illusionen werden durch den Fall des Turmes zerstört, und in der Karte des Sterns findet der Reisende das Ziel seiner Suche und/oder seine innere Ruhe und sein inneres Gleichgewicht. Allerdings muss er jetzt die Rückreise in die äußere Welt antreten.
Diese Reise unter dem Zeichen des Mondes ist allerdings eine gefahrenvolle, man denke an Orpheus, der seine wiedergefundene Frau auf der Rückreise endgültig verlor. Erreicht der Reisende die Oberwelt und damit das Sonnenlicht wohlbehalten wieder, ist die gefährliche Reise durch die Unterwelt beendet, das endgültige Ziel jedoch noch nicht erreicht. Zunächst stellt die Karte des Gerichts noch ein letztes Hindernis dar, so wie beispielsweise Odysseus noch die Werber um Penelope loswerden musste. Erst die Karte der Welt stellt das endgültige Ziel der Reise dar, die letztendlich die Reise zur eigenen Vervollkommnung ist; die Entwicklung zu einem Menschen, der sich sowohl seiner äußeren als auch seiner inneren Kräfte bewusst wird, und diese auch einsetzen kann.
Übersicht
O |  Der Narr | Unbeschwertheit, Sorglosigkeit, Leichtigkeit, Leichtsinnigkeit, Lebendigkeit, Lebenslust, Unbefangenheit |
I |  Der Magier |
Meisterung und gute Handhabung aller Energien, Verbindung zwischen Ideenwelt und Realität, Ausgewogenheit, Klarheit, Ideen und schöpferische Kraft |
II |  Die Hohepriesterin |
Intuition, beide Seiten einer Situation sehen oder sich ansehen müssen, Klärung der Situation und deren Vergangenheit, auch Klugheit und Umsicht |
III |  Die Herrscherin |
innere Kraft und Stärke, Selbstvertrauen und Verantwortungsbewusstsein, innerer Reichtum, Fruchtbarkeit, Durchsetzungskraft |
IV |  Der Herrscher |
äußere Kraft und Stärke, Selbstbeherrschung und -kontrolle, Wille, Stabilität |
V |  Der Hierophant |
Religiosität, Güte, Gnade, Beistand höherer Macht, erfahrener Rat, Lehre |
VI |  Die Liebenden |
Innige Verbindung, Liebe im höchsten Ausmaß, eine harmonische Liebesbeziehung, starke Verbundenheit, Leidenschaft, Anziehungskraft, Reiz. |
VII |  Der Wagen | Erfolg trotz derzeitiger Stagnation, Suche nach dem rechten Weg, Ausruhen nach dem Erfolg, Entscheidungsnotwendigkeit, Triumph, errungener Sieg |
VIII |  Die Gerechtigkeit |
Fairness, Verantwortlichkeit, Regelung von öffentlichen Angelegenheiten, Gerechtigkeit, Richterspruch (auch im eigenen Inneren) |
IX |  Der Eremit |
die Suche nach dem eigenen Lebensweg, Isolation und Resignation, Distanz, Abgeschiedenheit, Weisheit, Einsamkeit, Reifezeit |
X |  Das Rad des Schicksals |
Das Leben geht immer weiter, Schicksal, größerer Erkenntnisprozess, Wechsel, Auflösung alter Erblasten, einschneidende Veränderungen. |
XI |  Die Kraft |
große Kraft und Stärke, Mut, Energiereserven, innere geistige Kraft, Selbstvertrauen, gute körperliche Konstitution u.a. |
XII |  Der Gehängte |
Ruhephase, Verzicht, Rückzug aus dem aktiven Leben, Unterwerfung, Verschnaufpause, Überdenken der eigenen Situation, gedankliche Bindung. |
XIII |  Der Tod |
Transformatorischer Prozess, große, tiefgreifende Loslösungsprozess, Verlust, Loslösung von alten Bindungen |
XIV |  Die Mäßigkeit |
im Fluss sein, guter, gemäßigter Energiehaushalt, Geduld, Gleichklang der Energien, Ausgewogenheit, Abwägen der Prioritäten |
XV |  Der Teufel |
Abhängigkeit, feste Grenzen, das Negative überwiegt, Versuchung, an die Materie geschmiedet |
XVI |  Der Turm |
drastische Veränderungen, Zusammenbruch des Egos, alte Systeme stürzen ein, Auseinandersetzung, innere Unruhe, Durchleben von stürmischen Zeiten |
XVII |  Der Stern |
Offenheit, Klarheit der Gefühle, Bereitschaft zur Aufnahme von kosmischen Energien, Erfüllung, Hoffnung, eine kleine Erleuchtung |
XVIII |  Der Mond |
Das Erwachen der Gefühle, Grenzen müssen überschritten werden, intuitives Verständnis, kontinuierlicher Wandel, den jetzigen Weg weitergehen |
XIX |  Die Sonne |
Beachtung des inneren Kindes, große Offenheit, Reinheit, Zufriedenheit, Problembereinigung, Selbstbestätigung, Liebe zu sich selbst |
XX |  Das Gericht |
Auferstehung, Neubeginn, das Hören auf innere und äußere Botschaften, Beginn einer neuen Phase, Wiederkehr, das Ende von Leidenszeiten steht bevor |
XXI |  Die Welt |
Entfaltung der Persönlichkeit, Erreichen eines wichtigsten Zieles, starke Selbsterkenntnis, das Gefühl, alles zu haben, was notwendig ist, Erfüllung, innere Freiheit, Entfaltungsmöglichkeiten eröffnen sich, Selbstausdruck |
Das kleine Arkanum
Die kleinen Arkana (auch: kleines Arkanum) bestehen aus vier mal vierzehn Karten in vier unterschiedlichen Farben oder Reihen, die jeweils aus zehn Zahlenkarten (1 (=Ass) bis 10) und vier meist Hofkarten genannten Karten bestehen. Einzelne Decks verändern diese Anzahl, wie das obengenannte Universal-Tarot. Einige wenige Decks nummerieren entweder die Karten von 1 bis 14 durch, oder verzichten sogar auf Farben, und nummerieren diese Karten von 1 bis 56 durch. Es ist allerdings teilweise umstritten, ob es sich bei solchen Decks noch in jedem Fall um Tarot-Karten handelt, oder bereits um eigene Deutungssysteme
Element | Tarot | Rider-Waite | Tarot alternativ | Tarot der Ursprünge | typische Bedeutung |
Feuer | Stäbe | Äste | Stöcke | Natur | Wille, Kraft, Intuition |
Wasser | Kelche | Schalen | Kessel | Seele | Emotion, Instinkt |
Luft | Schwerter | Dolche | Messer | Blut | Denken, Intellekt |
Erde | Münzen | Pentakel | Scheiben | Schmuck | Materie, Praktisches |
Farben und Elemente
Das Prinzip der Farben der Zahlenkarten ist aus normalen Kartenspielen bekannt. Sie sind beim Tarot identisch mit den Farben italienischer, spanischer und portugiesischer Kartendecks. Bei letzteren werden die vier Farben moderner, normaler Kartenspiele nach wie vor mit den alten Namen bezeichnet, auch wenn das entsprechende, ursprüngliche Symbol nicht mehr vorhanden ist: Karo wird "Ouros" (Gold), Kreuz "Paus" (Stäbe), Herz "Copas" (Kelche) und Pik "Espadas" (Schwerter) genannt. In verschiedenen Kartensystemen entsprechen sich die Bezeichnungen wie folgt: Quellenangaben
Es gibt gewisse Variationen in der Benennung der Farben; wobei bei „freien“ Decks der Variationsmöglichkeit nur wenige Grenzen gesetzt sind. Meist aber werden die vier Farben mit den vier klassischen Elementen, also Feuer, Wasser, Luft, Erde assoziiert. Gelegentlich wird ein fünftes Element, Leben oder Geist angenommen, das dann mit dem großen Arkanum assoziiert wird. Entsprechend wird verfahren, wenn nicht auf die europäische vier-Elemente-Lehre, sondern auf die chinesische Fünf-Elemente-Lehre (Feuer, Wasser, Erde, Metall und Holz) bezug genommen wird; dies ist vor allem bei Decks mit einem asiatischen Thema der Fall.
Die häufigsten Benennungen und Zuordnungen, sowie die des Tarot der Ursprünge als Beispiel für ein freies Deck. Die Zuordnung im Crowley-Tarot entspricht der klassischen Zuordnung (Rider-Waite), nur dass die Münzen als Scheiben bezeichnet werden.
Die häufigste Variation dieser Zuordnung ist die Assoziation der Schwerter mit Feuer und der Stäbe mit Erde. Dies erscheint einleuchtend, denn die Stäbe wachsen aus der Erde, die Schwerter werden im Feuer geschmiedet. Auch werden die Münzen/Pentakel dem Element Luft zugeordnet. Dies leuchtet ebenfalls ein, da Münzen in Form von Geld als Tauschmittel der Flüchtigkeit unterworfen sind.
1 | Kether | Krone --- Die Notwendigkeit des Geistes, sich zu offenbaren |
Essenz, Same, Wurzel, undifferenziertes Potential --- Der Gedanke, ein Haus zu bauen |
2 | Chokmah | Weisheit --- „Am Anfang war das Wort“ |
Beginn, die Trennung, welche die Kommunikation ermöglicht, Richtung --- Erste Gespräche über diesen Plan |
3 | Binah | Verstehen --- Das Wort wurde gesprochen, nun muss es verstanden werden |
Synthese, Harmonie, erstes Abstecken von Grenzen --- Einigung über die grundlegenden Fragen |
4 | Chesed | Liebe --- Die erste Verwirklichung und das erste Erkennen von Beschränkungen |
Verdichtung, Stabilität --- Gespräche mit Architekten, Banken, Behörden |
5 | Geburah | Strenge --- Die Erkenntnis der (eigenen) Stärke |
Macht der Zerstörung, Stärke die zu Veränderungen bewegt --- Erste Schwierigkeiten und deren Überwindung |
6 | Tiphareth | Essenz --- Der manifeste Plan oder die offenbarte und verstandene Wahrheit |
Selbst und Selbstbewusstsein, Harmonie --- Das Ende der Planung und das Legen des Grundsteines |
7 | Netzach | Sieg --- Die Auffächerung von Aktivitäten durch Gefühle |
Kreativität, Anarchie --- Der eigentliche Beginn des Baus mit dem unvermeidlich folgenden Chaos |
8 | Hod | Glanz --- Die Unterscheidung durch Gliederung und Einordnung |
Anwendung von Logik und Verstand, Gerechtigkeit und Anpassung ---Der Bau des Hauses geht ordentlich und zügig vonstatten. |
9 | Yesod | Fundament --- Die Grundlage aller manifester Erscheinungen |
(Gedankliche) Vollendung, Reflexion --- Das Richtfest |
10 | Malkuth | Königreich --- Die Idee erlebt ihre Verwirklichung |
Das Ende einer Sache (und gleichzeig der Beginn einer neuen) --- Das Haus steht endlich und erwartet den Umzug |
Kabbalistische Zuordnung
Es gibt sehr viele numerologische Systeme, welche sich teilweise erheblich widersprechen. Die häufig im Tarot verwendeten Systeme beruhen auf der kabbalistischen Interpretation der zehn Sephiroth des Baum des Lebens.
Aus diesen Bedeutungen der Zahlen können sich zusammen mit den jeweiligen Elementen sehr unterschiedliche Interpretationen der einzelnen Karten ergeben. So steht die Zehn der Kelche (also Wasser=Emotionen) etwa für die Erfüllung und das Glück, die Zehn der Schwerter (Luft=Intellekt) hingegen unter anderem Überreaktionen, Panik, einen Tiefpunkt und/oder den Untergang.
Verbindung zu anderen esoterischen Systemen
Das Tarot ist ursprünglich ein genuines europäisches esoterisches System. Allerdings gibt es spätestens seit den Schriften des Golden Dawn viele sehr synkretistische Ansätze bei der Interpretation des Tarots. Es dürfte nur wenige religiöse, spirituelle und esoterische Systeme geben, die nicht irgendjemand einmal mit dem Tarot in Verbindung brachte. Der Sinn solcher Verbindungen ist dabei häufig allerdings umstritten.
Weitestgehend unumstritten, auch da mittlerweile bereits traditionell, sind die Verbindungen zwischen Alchemie, Kabbala, und Astrologie und dem Tarot. Im folgenden sind lediglich die häufig in Bezug auf den Tarot verwendeten Teile dieser Systeme beziehungsweise ihre Verbindung zum Tarot dargestellt; dies ist keine Einführung in die Systeme selbst.